Der Pater Wichmann

Vom Wasser haben Sie einen wunderschönen Blick auf die Seepromenade (1) mit der Klosterkirche St. Trinitatis. Diesen Platz, dicht am Ruppiner See, erkor der Mönch Wichmann von Arnstein (1185–1270) zur Errichtung des ersten Dominikanerklosters in der heutigen Mark Brandenburg. Die beiden Türme des Neuruppiner Wahrzeichens kamen allerdings erst 1907 hinzu. Wichmann war Vorsteher des Stifts Unser Lieben Frauen in Magdeburg und wurde 1221 sogar zum Bischof von Brandenburg gewählt, erhielt aber keine Bestätigung durch den Papst. Nach einem Aufenthalt in Frankreich schloss er sich den Dominikanern an und zog um 1246 an den Ruppiner See. Die Neuruppiner verehren ihn und erzählen über ihren Pater Wichmann so manche Geschichte. Die Beliebteste ist, wie er zu Fuß den See überquerte.

Auf der anderen Seite des Ruppiner Sees, gegenüber dem Kloster, befindet sich das Dorf Wuthenow (2). Dort war ein Mitglied der Gemeinde schwer erkrankt. Fast täglich ließ sich Pater Wichmann von Bruder Martin zu dem kranken Mann rudern. Der Pater nutzte die Bootsfahrten zur inneren Einkehr. Aufrecht stand er im Boot, in seine Gedanken versunken. In der Nacht, in der Pater Wichmann dem armen Wuthenower nur noch das Totenglöckchen läuten konnte, lagen dichte Nebelbänke über dem Wasser. Bei der Rückfahrt stand der Mönch wieder nachdenklich im Boot.

Zu dieser frühen Stunde war auch Fischer Heiko mit seinem Knecht Hermann unterwegs. Sie wollten am Ostufer die Aalschnüre kontrollieren. Plötzlich ließ Hermann die Ruder fahren und zeigte auf den See, brachte aber kein Wort heraus. "Hermann, wat haste denn?", rief ärgerlich sein Meister. "Da, sieh! Der Pater Wichmann!!" Und nun sah es der Fischer auch.

Aus den Nebelschwaden ragte die schwarze Gestalt des Paters heraus und bewegte sich in Richtung Seeufer. Kein Boot war zu sehen, nichts zu hören. "Mensch, Hermann, wenn wir det erzählen, det glaubt uns kein Mensch in Ruppin." Sie ruderten wieder zum Kloster zurück – da befand sich kein Kahn, mit dem der Pater den See hätte überqueren können. Dass Bruder Martin noch einmal losgerudert war, konnte Hermann nicht wissen. Punkt zwölf Uhr mittags wusste es die ganze Stadt: Pater Wichmann ist trockenen Fußes über den See gelaufen. Die Bewunderung für den Pater war unermesslich.

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