Brandenburg an der Havel
    Ruhepol neben dem Zentrum der Revolution
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Ein Ruhepol neben dem Zentrum der Revolution

Mit der Einführung der revidierten Städteordnung im Jahr 1832 gesteht der preußische König den Städten weitgehende Rechte der Selbstverwaltung zu. So dürfen die Bürger fortan Stadtverordnete wählen, aus deren Mitte Magistrat und Oberbürgermeister hervorgehen. In Brandenburg bekleidet Franz Ziegler ab 1840 das Amt des Stadtoberen. Ziegler zeichnet sich durch Strenge und Reformwillen gleichermaßen aus. Er organisiert das Polizeiwesen der Stadt neu, reformiert die Einkommenssteuer und ermöglicht eine kommunale Armenpflege. Auf sein Betreiben findet am 11. Februar 1848 zudem die erste öffentliche Versammlung der Stadtverordneten statt. Sein Grab befindet sich auf dem Neustädtischen Friedhof.

Dom-zu-BrandenburgIm März 1848 verlangen liberale Bürger in ganz Deutschland mehr Freiheit und Mitbestimmung. Die regierenden Fürsten reagieren auf die Forderungen zumeist mit Waffengewalt. Die heftigsten Auseinandersetzungen finden in Berlin statt, wo sich preußisches Militär und Anhänger der Demokratie in erbitterten Straßenkämpfen gegenüberstehen.

Während die preußische Hauptstadt einem Schlachtfeld gleicht, bleibt das unmittelbare Echo in der Stadt Brandenburg relativ gering. Allerdings überträgt sich die in Berlin herrschende Erregung auch auf die benachbarte Havelstadt. Neugierige umlagern den Bahnhof und verbreiten jede von den ankommenden Reisenden erhaltene Neuigkeit mehr oder weniger wahrheitsgetreu in der Stadt. Viele Brandenburger zieht es aus Abenteuerlust nach Berlin, um das weltgeschichtliche Ereignis mitzuerleben.

Der Magistrat erlässt am 18. März eine Bekanntmachung, in der die Obrigkeit die arbeitende Bevölkerung dringend zur Ruhe auffordert. Die Unruhen in Berlin enden am 24. März mit Zugeständnissen der Regierung, etwa der Aufhebung der Pressezensur oder der Befreiung der Bauern aus der Leibeigenschaft ihrer Grundherren. Als die Nachrichten in Brandenburg eintreffen, feiern demokratisch gesinnte Bürger das Ereignis mit einer Festbeleuchtung. Einige Gastwirte laden zu Freiheitsfeiern ein, auf denen die deutschen Farben Schwarz-Rot-Gold gezeigt und der Freiheitsmarsch gespielt werden. Eine Fahne des Brandenburger Handwerkervereins aus dieser Zeit ist heute im Stadtmuseum zu sehen.

Am 9. November 1848 verlegt der preußische König Friedrich Wilhelm IV. den Tagungsort der preußischen Nationalversammlung aus dem unruhigen Berlin nach Brandenburg. Die Verlegung der Nationalversammlung empfindet die Mehrheit der Mitglieder als unberechtigte Einmischung und tagt am 27. November nicht in Brandenburg, sondern wie zuvor in der Hauptstadt. Zu den in Berlin gebliebenen Abgeordneten gehört auch Oberbürgermeister Ziegler. Am 5. Dezember 1848 löst der König das im Dom tagende Rumpfparlament auf. Das Ziel des Parlaments, die Erarbeitung einer Verfassung für Preußen, ist damit gescheitert.

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