Das Beste am Kern ist das Drumherum

Provinz und Metropole, Metropole und Provinz. Auf den ersten Blick scheint heute klar zu sein, wo die Metropole ist und wo die Provinz. Doch je weiter man in der Geschichte zurückblättert, umso schwieriger wird es, eine derartige Standortbestimmung vorzunehmen. Die Geburtsstunde der Mark Brandenburg wird auf das Jahr 1157 datiert. Der älteste Teil Berlins hingegen findet seine erste urkundliche Erwähnung als "Cölln" erst 80 Jahre später. Seit 1815 sprechen wir von der Provinz Brandenburg als einem Teil Preußens. Mal war die Hauptstadt Potsdam, mal Berlin. Wer oder was bewirkte das Werden zur Metropole und bestimmte ihr geistiges Klima? Woher stammen die Akteure und welche Prägung erfuhren sie durch ihre Herkunftsorte? Welche Wertungen und Sehnsüchte verbinden die Menschen mit den scheinbaren Gegensätzen Provinz und Metropole? Ist die eine ohne die andere denkbar? Sind Adjektive wie "provinziell" und "weltstädtisch" als Zustandsbeschreibung noch zeitgemäß oder längst überholt?

Die sieben Städte des Städtekranzes verteilen sich im Raum Brandenburg rund um den geographischen Mittelpunkt Berlin. Jede von ihnen kann eine eigene Sicht und selbstbewusste Interpretation des Themas Provinz und Metropole beisteuern:
Die Industriegeschichte der Stadt Brandenburg an der Havel führt nach Berlin und von Berlin wiederum in die Havelstadt. Dass ein wichtiger Vertreter des deutschen Humors - Vicco von Bülow, auch Loriot genannt - seine Wurzeln in Brandenburg an der Havel wertschätzt, ist eine charmante Liebeserklärung an die preußische Provinz. Ebenso wird es immer ein Erkenntnisgewinn sein, dem Weltmann Fürst Pückler nach Cottbus / Branitz zu folgen, um ihn dann wiederum in die Berliner Salons zu begleiten, die ohne Pückler - und da steht sein Name für zahlreiche andere aus der Provinz - sehr viel ärmer und weniger bedeutend gewesen wären. Die Berliner "Forstakademie" wurde als "Höhere Forstlehranstalt" von der Universität Berlin in die Stadt verlegt, in der der Wald zum Stadtgebiet gehört, nach Eberswalde. Zu den Initiatoren dieser Entscheidung gehörten die Gebrüder Humboldt. Einer von ihnen, Wilhelm von Humboldt, initiierte die Gründung der ersten Berliner Universität. Die beiden Humboldts studierten wiederum im Frankfurt (Oder). Wer weiß schon, dass die Universität Frankfurt (Oder), die Viadrina, über 300 Jahre älter ist als die Berlins. Die Stadt Jüterbog bekam von Berlin aufgebürdet, an ihrem Rand ein gigantisches militärisches Übungsgebiet vorzuhalten. Heute realisiert die Stadt eines der größten Konversionsvorhaben Deutschlands. Im Neuruppiner Ortsteil Gildenhall entstand um 1920 eine Siedlung, deren Gründer - viele aus Berlin - einen Lebensentwurf umsetzten, den wir vielleicht als Utopie bezeichnen. Sie haben in der Neuruppiner Innenstadt ablesbare Zeugnisse ihres Schaffens als Handwerker und Künstler hinterlassen. In Luckenwalde errichtete der junge - später zu Weltruhm gelangte - Berliner Architekt Erich Mendelsohn die Hutfabrik als sein frühes Meisterwerk. Von Luckenwalde nach (West)- Berlin verschlug es Rudi Dutschke, der dort zur Symbolfigur der 68er Studentenbewegung wurde. An diese und andere mit Luckenwalde verbundene Persönlichkeiten und ihre bemerkenswerten Taten wird mit Hilfe der im öffentlichen Raum präsentierten MERKZEICHEN erinnert.

Liebe Gäste, bereisen Sie die Provinz und gehen Sie - im wahrsten Sinn des Wortes - unseren Empfehlungen nach. Seien Sie darüber hinaus auch offen für alle weiteren Angebote am Wegesrand.
Ich wünsche Ihnen Spaß und Entdeckerfreude bei den Spaziergängen!

Ihre
Elisabeth Herzog-von der Heide
Bürgermeisterin der Stadt Luckenwalde und
Vorsitzende des Städtekranzes Berlin-Brandenburg